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Leseproben
SozSys 5 (1999), H.2

 
Soziale Systeme 5 (1999), H.2, S. 313-338

Funktionen der Moralkommunikation (1)
Wolfgang Krohn

Zusammenfassung: Der Beitrag entwirft einen soziologischen Rahmen zum Verständnis des Fortbestandes ethischer Konflikte und Kontroversen in der gegenwärtigen Gesellschaft. In der Theorie funktionaler Differenzierung wird die gesellschaftliche Bindungskraft der Moral auf die Kommunikation interpersonaler Achtung eingegrenzt. Die Theorie hat dann Schwierigkeiten mit der Verarbeitung der beobachtbaren Zunahme an moralisch diskutierten und von ethischen Experten verhandelten Problemen in sozialen, kulturellen und ökologischen Kontexten. Es wird ein Model entwickelt, das einerseits in den Funktionssystemen ethische Institutionen zur Verteidigung spezieller Funktionswerte gegen übergreifende Moralforderungen lokalisiert, und andererseits von der Wirksamkeit des moralischen Protests von Solidargruppen ausgeht. Die Flexibilität einer Gesellschaft, die ständig Modernisierung betreibt, hängt davon ab, ob sie die Spannungen zwischen institutioneller Moral und Protestmoral in diskursiven Konflikten verarbeiten kann.

(1) Moral und Konflikt

In soziologischer Sicht sollte es zunächst selbstverständlich sein, dass die Analyse von Moral ein Gegenstand der empirischen Beobachtung und theoretischen Analyse, nicht jedoch der normativen Stellungnahme ist. Es geht um Beobachtungen darüber, wie Moral und Reflexion über Moral in der Gesellschaft auftreten, um "Moral, wie sie ist und wie sie wirkt" (Luhmann, 1989, 432). Genauer ist das Ziel der folgenden Analyse, eine soziologisches Modell für die Typisierung von Strategien der Moralisierung, Gegenmoralisierung und Entmoralisierung in Konflikten und Kontroversen zu gewinnen. Solche Strategien treten beinahe regelmäßig in allen Konfliktarenen der modernen Gesellschaft auf, in denen die Wertdimension eine Ressource ist, die Mobilisierungschancen freisetzt. Sie kann sowohl gegen als auch in Allianz mit anderen (,funktionalen') Ressourcen der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft eingesetzt werden, wie Renn/Webler (1995) in ihrem Arenamodell dargestellt haben. Allerdings wird ebenso regelmäßig der moralisierenden Argumentation und moralisierten Handlungsstrategie die Legitimität bestritten. Ethischer Fundamentalismus und Hypokrisie liefern starke Argumente für die Exklusion derjenigen, die sich einer pragmatischen Verhandlungsführung auf der Basis klar eingrenzbarer Interessenpositionen unter Anerkennung hinzunehmender Randbedingungen des Handlungsspielraums entziehen wollen, indem sie auf der Nichtverhandelbarkeit absoluter Werte bestehen und deren kollektive Verbindlichkeit imputieren. Andererseits können die Vorwürfe des Fundamentalismus und der Scheinheiligkeit gelegentlich auch an die Adresse scheinbar entmoralisierter Akteure zurückgegeben werden, wenn diese sich auf die unerbittliche Sachlogik funktionaler Imperative der Funktionssysteme berufen, um manifest unethische Praktiken zu veredeln.(2)

Die systematische Einordnung des moralischen Diskurses - oder auch nur der moralisierten Segmente eines Diskurses - ist für die modernen Gesellschaftstheorien schwierig. Entsprechend prekär ist die Lage der Diskursmanager; ihnen stehen keine Routinen zur Bewältigung ethisch aufgeladener Kontroversen zur Verfügung. Wie aber viele Risikokontroversen zeigen, sind auch gegenläufige Versuche der Ausgrenzung ethischer Problematisierungen und Handlungsweisen oder der Eingrenzung der Verbindlichkeit von Ethik auf Verfahrensethik kaum erfolgreich - u.a. weil solche Versuche als moralisch verwerfliche Verhandlungsführungen interpretiert werden können. In der folgenden Analyse wird der Ansatz sein, durch eine neue Typologie der Ethik, die nicht einer philosophischen oder begrifflichen Systematik, sondern ihren sozialen Funktionen folgt, eine Grundlage für die Beobachtung und Zuordnung moralischer Positionen zu schaffen. Dieser Ansatz muss zunächst gegenüber der soziologischen Behandlung der Ethik in der modernen Gesellschaftstheorie positioniert werden. Dann wird mit historischen Exkursen der Ausbreitung des Typus von Ethik nachgegangen, die für die moderne Gesellschaft ständig an Bedeutung gewonnen hat. Ich nenne ihn die "institutionelle" Ethik der Funktionssysteme. Es liegt nahe, an dieser Stelle Luhmann besonders zu berücksichtigen, dem ich hinsichtlich der Bedeutung der Funktionssysteme folge, aber hinsichtlich der Eingrenzung der Moral auf interpersonale Achtungskommunikation widerspreche. Im weiteren Verlauf wird dann der Funktionstypus der Protestethik eingeführt und komplementär auf die institutionelle Ethik bezogen. Einige ergänzende Bemerkungen zur Verfahrensethik schließen sich an.

(2) Ethik und Moral

Die Differenz zwischen Ethik und Moral ist in dem einleitenden Abschnitt nicht genau beachtet worden. Es ist allerdings auch fraglich, ob eine genaue Grenzziehung gelingen kann. In der Tradition der Moderne - also etwa seit Descartes' Darstellung seiner ,provisorischen Moral' im dritten Teil des ,Discours de la methode' (1637) und der nicht provisorisch, sondern ,nach geometrischer Methode dargestellten' Ethik des Spinoza (1677) - , ist Ethik diejenige ,Theorie der Moral', die zugleich die analytische Begründung der moralischen Verpflichtung in einem Prinzip der Vernunft oder einer universellen anthropologischen Empfindung wie auch die Herleitung eines moralischen Pflichtenkatalogs zu leisten suchte. Schon die Befürchtungen, die diese beiden Autoren mit der Veröffentlichung ihrer Schriften hatten, weisen darauf hin, dass Ethiken als Reflexionsformen unvermeidlich wiederum als moralische Haltungen und ihre öffentliche Vertretung (Veröffentlichung) als moralisch zurechenbare Handlungen aufgefasst werden, womit ihnen ein (Un-)Wert im System moralischer Werte zugesprochen wird - ob ihre Vertreter wollen oder nicht. Wie etwa die Kontroversen um die utilitaristische Ethik Singers (1993) mit den von ihm gesehenen Konsequenzen für die Euthanasie schwer behinderten Lebens gezeigt haben, kann die Reflexionsform als unmoralisch angegriffen werden (Jamieson 1999), während die Verteidigung Singers wiederum die moralistischen Angriffe auf die wissenschaftliche Reflexion als unmoralisch gegenüber dem wissenschaftlichen Ethos brandmarken wird.(3) Die Vermischung von Lebensform und Reflexionsform ist unvermeidlich, wenn die Reflexionsform wegen ihrer möglichen praktischen Folgen doch wieder als Lebensform zugeschrieben wird. Zwar kann gegen diese Zuschreibung durch das Ausflaggen von ,Metaethik' oder ,analytische Ethik' eine besondere Exteritorialität zu beanspruchen versucht werden, aber man wird dafür niemals eine Plausibilität reklamieren, die der Zerlegung in Operation und Reflexion in anderen Handlungsbereichen entspricht. Das Re-entry lauert immer an der nächsten Ecke. Bei höherer Feinauflösung der Betrachtung würde sich in die Differenz zwischen Moral und Ethik ein Spektrum weiterer Unterscheidungen schieben, das habitualisierte moralische Praktiken, moralische Einstellungen, Werte und Urteile, normative Begründungen und institutionalisierte Pflichten überdecken würde.

Die inzwischen zahlreichen Felder der angewandten Ethik, deren Auftreten und Funktion im folgenden eine Rolle spielen werden, zeigen, dass es in der gegenwärtigen Gesellschaft eine differenzierte Landschaft an ethischen Selbstbeschreibungen gibt, die dieses Spektrum mehr oder weniger ausführlich überdecken. Grundlegend für die kommunikative Verwendung des moralischen Codes von ‚gut' und ‚schlecht' bleibt allerdings immer die Attribuierung eines Wertes auf Subjekte und Objekte, der die Selbst- und/oder Fremdverpflichtung des - kommunikativen oder effektiven - Handelns mit der entsprechenden Zuschreibung als ‚gute' oder ‚schlechte' Tat folgt. Insofern kann von Moral immer dann gesprochen werden, wenn es direkt um die Referenz auf moralische Werte und Normen (erfassbar in Einstellungen und Handlungen) geht, von moralischer Reflexion dann, wenn die diskursive Darstellung einer moralischen Position gemeint ist, von Ethik, wenn eine auf Verbindlichkeit und Verpflichtung gerichtete Begründung einer moralischen Position intendiert ist und von Metaethik, wenn es um die Analyse der begrifflichen und empirischen Bedingungen von Einstellungen, Verpflichtungen und Begründungen geht. In der folgenden Darstellung werden diese Unterscheidungen nur gelegentlich eine Rolle spielen. Im allgemeinen genügt ein Sprachgebrauch, der den Begriff der Moral auf die Zuschreibung von (moralischen) Werten, den der Ethik auf (normative) Begründungen und Rechtfertigungen bezieht.(4) Aber noch einmal: Im Konfliktfall können die mit diesen Differenzierungen verbundenen Distanzen in beide Richtungen unterlaufen werden. Immer kann einer subjektiv moralischen Handlung - kollektiv oder individuell begangen - wegen ihres Mangels an verbindlicher Begründung diese Attribuierung entzogen und sie dann der Diskreditierung freigegeben werden (von einer moralisch motivierten Blockade bleibt dann bloß die Nötigung oder - gegenmoralisierend - ,Gewalt gegen Sachen'), ebenso wie metaethische Analyse als (a-)moralische Position gewertet werden kann.

(3) Soziologie der Moral: Achtungsethik

Womit kann sich die Soziologie befassen, wenn ihr Gegenstand Moralkommunikation ist? Luhmann hat in seinem klassischen Aufsatz zur "Soziologie der Moral" (1978) die Auffassung vertreten, dass Moral nicht anthropologisch fundiert werden solle (sei es im moralischen Gefühl oder Empfinden, sei es in der praktischen Vernunft), sondern in der "Struktur sozialer Systeme" (1978, 43). Als eine zentrale Bestandsbedingung sozialer Systeme fungiert für ihn Achtung, die als eine Form der Brechung der Doppelkontingenz von Kommunikation interpretiert wird: Unter der Erwartung, dass alter ego achtet, achtet ego alter. Die Erwartung beruht auf der durch Achtung erzeugten Selbstachtung. Auf dieser Grundlage ist Moral dann ein "Codierungsprozess mit der spezifischen Funktion, über Achtungsbedingungen Achtungskommunikation ... zu steuern" (1978, 51). Der formale moralische Wert, der hier einer bestimmten Klasse von Realien und nur diesen (i.e. Personen) zugeschrieben wird, bleibt material unbestimmt. Trotz wiederholter Versuche, materiale Wertordnungen zu definieren, ist die Gesamttendenz der neuzeitlichen Ethik, sich von dieser Aufgabe zu lösen. Sie folgt damit dem Umstand, dass evolutionärer Wandel Wertordnungen nicht unberührt lässt. Wichtiger noch ist, dass sie in das Zentrum der Reflexion die Aufgabe stellt, die wechselseitige Anerkenntnis der Individuen gerade wegen ihres Eigensinns zu begründen. Konsensorientierung gehört daher entschieden nicht zu den Bedingungen von Achtung, im Gegenteil ist Achtung ein "für alle Schattierungen von Konsens und Dissens empfindliches Instrument"(1978, 54). Luhmann hat diese Konzeption dem Versuch einer normativen Grundlegung der Diskurstheorie von Habermas entgegen gesetzt. Angesichts des ungelösten Problems, der Idee einer lebensweltlichen Konsensbasierung von Kommunikation eine empirisch tragfähige Fassung zu geben, ist es in der Tat überzeugender, Diskurs auf die Differenz von Dissens und Konsens zu gründen (Krohn 1997) und entsprechend Achtung auf die Differenz von Werten. Die Achtungsbedingungen dieser Kommunikation können mehr oder weniger institutionalisiert, das heißt als feste Erwartungserwartungen kodifiziert sein. Je strikter sie institutionalisiert sind, desto selbstverständlicher werden sie auch gegenüber Unbekannten (und dann auch unbekannten Werten) gehandhabt und benötigen keine explizite Aktualisierung in der Kommunikationspraxis.

Diese soziologische Ausgangslage verwendet Luhmann konsistent in seinen späteren Schriften dazu, dem Funktionsbereich der Moral in der funktionsdifferenzierten Gesellschaft zwar eine allgemeine Bedeutung für soziale Systembildung überhaupt, gegenüber den Funktionssystemen jedoch eine restriktive Position zuzuweisen (Luhmann 1989, 1993). Funktionssysteme sind entmoralisiert. Moralkommunikation hat ihren zentralen und eigentlichen Ort in der interpersonalen Thematisierung der Missachtung von Person. Die mehrfachen Plädoyers Luhmanns gegen Remoralisierungen und sein Essay über die Risiken der Moral (1993) weisen allerdings darauf hin, wie der Wiedereintritt der moralischen Haltung in seine Theorie der Moral stattfindet: als eine moderne Tugendlehre der moralischen Restriktion gegenüber dem wertfreudigen Gutmenschentum. Später wird zu sehen sein, dass diese Position genau die Ansprüche der so genannten ‚institutionellen Ethik' trifft.

(4) Soziologie der Ethik: Kollektivwerte des ,guten Lebens'

Dieser knapp und hoch stilisiert skizzierte Grundgedanke Luhmanns besticht durch zweierlei: Erstens durch eine Begriffsbildung, die moralische Kommunikation distinkt kennzeichnet und soziologisch einordnet, zweitens durch eine präzise Passung in die Konstruktion der gesellschaftlichen Modernisierung durch funktionalen Differenzierung. Sie hat gerade hierdurch jedoch eine Schwachstelle, die den vorliegenden Versuch einer alternativen Strategie motiviert. Die Schwachstelle ist, dass die vorfindliche moralische Kommunikation der Gesellschaft der vorgeschlagenen Einschränkung nicht einmal der Tendenz nach folgt. Ethische Kommunikation befasst sich nach wie vor mit jeder Thematik, die von irgendeiner Seite mit dem klassischen Code von "gut" und "schlecht/böse" belegt wird. Sie tut dies durchaus in relativer Distanz zur Problematik der Achtung oder Missachtung anderer, wenn die moralisch bewerteten Zustände Organisationen oder gar Institutionen zugeschrieben werden und dabei häufig anerkannt wird, dass beteiligte Individuen für ihre unmoralischen Rollen schwerlich persönlich verantwortlich sind. Auch wenn das Schwert der persönlichen Zurechnung in dramatisierten Konflikten geschwungen wird, muss es gewöhnlich beiseite gelegt werden, wenn die Konflikte diskursive Formen annehmen. Nur schwer wird es argumentativer Kunstfertigkeit gelingen, die als moralisch aufgeworfene Frage, ob es erlaubt ist, der zukünftigen Generation ökologische Probleme aufzuhäufen, an die interpersonale Achtung zu knüpfen. Moralische Postulate zur Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus an Biodiversität werden zur Begründung von Normen an Stelle der Achtung eher Gesichtspunkte einer physiozentrisch-holistischen Ethik einbeziehen (Galert 1998). Noch schwieriger wird die interpersonale Eingrenzung bei pathozentrischen Entwürfen einer Ethik für Tiere (Birnbacher 1988). Auch die angemahnte moralische Verpflichtung, eine Form kollektiven Erinnerns für den Holocaust zu finden, kann nicht angemessen im Paradigma von Achtung und Selbstachtung verhandelt werden. Offensichtlich schließen solche Problemkreise an eine ethische Tradition an, die auf Aristoteles zurückgeht. Ihr Bezugspunkt ist nicht die interpersonale Achtung, sondern die gesellschaftliche Gestaltung des ,guten Lebens', die Aristoteles zu Beginn seiner "Politeia" so adressiert: "Alles, was Polis heißt, ist ersichtlich eine Art von Gemeinschaft, und jede Gemeinschaft bildet sich zu dem Zweck, irgendein Gut (agathon) zu erlangen" (1252 aff.). Von dem System der moralischen Werte einer Gruppe auszugehen, ist also die zweite Möglichkeit für eine Soziologie der Moral - die ethnographische Variante. Luhmann muss ihr gegenüber auf Distanz gehen, weil sie mit der Axiomatik der Theorie der funktionalen Differenzierung nicht vereinbar ist. Denn sofern für gesellschaftliche Identität und damit für die institutionelle Fokussierung der Frage nach dem ,guten Leben' kein sozialer Ort mehr besteht, können die überkommenen und aufgefrischten Bestände an philosophischen und öffentlichen Diskursen für Luhmann bloß noch Indikatoren einer spezifisch modernen Problemlage sein, nicht aber zu ethischen Selbstbeschreibungen führen, die dem Niveau der funktionalen Differenzierung angemessen wären. Systeme kollektiv geteilter Werte und damit Ethiken, die Ansprüche auf gesellschaftliche Verbindlichkeit stellen können, halten der kritischen Relativierung nicht stand und müssen sich die Etikettierung als subkulturelle Markenzeichen (etwa als Ethik der Tiefenökologie (Naess 1989) oder als katholische Sozialethik) gefallen lassen. Würden diese die Verbindlichkeit kollektiver Verpflichtungen erreichen, würden sie zu Risiken der Bestandswahrung gesellschaftlicher Komplexität werden. Es "dürfte die wichtigste Veränderung der Funktion moralischer Kommunikation darin liegen, dass die Funktion moralischer Kommunikation nicht mehr dazu dienen kann, die Gesellschaft im Blick auf ihren bestmöglichen Zustand zu integrieren" (Luhmann 1997, 403). Die Lösung, die Luhmann entwirft, geht davon aus, dass die moderne Gesellschaft die Themen des ,guten Lebens' nicht mehr moralisch, sondern durch Funktionsäquivalente behandelt, die vor allem in den Leistungsbilanzen der Funktionssysteme thematisiert werden. Diese Lösung wird auch in der hier entwickelten Konzeption eine Rolle spielen, hier jedoch als strukturelles Resultat moralischer Kontroversen, nicht als ihr Äquivalent.

So gewichtig die Skepsis gegenüber den - zunächst sozialen und dann auch soziologischen - Absichten ist, die Themen des kollektiven Gutes in die Funktionssysteme der Gesellschaft und in die Organisationen, die deren institutionellen Rationalitäten verpflichtet sind, hineinzutragen, so problematisch bleibt allerdings die restriktive Lösung, sie davon frei zu halten - wenn auch nur, weil die kommunikative Praxis der Gesellschaft sich ihr nicht fügt. Darauf verweisen der Bedarf an öffentlichen ethischen Diskursen, das unübersehbare Wachstum der Reflexionsmoral, die sich in bereichspezifischen Ethiken niederschlägt, und die Kodifizierungen von Verhaltensethiken (codes of conduct) in Organisationen (Lenk/Maring 1992). Am Beispiel der bereichsspezifischen Ethiken lässt sich die Zunahme an ethischen Selbstbeschreibungen, die nicht auf die Thematisierung von Achtungsbedingungen beschränkt werden können, gut demonstrieren. Sie gruppieren sich um die folgenden Komplexe (ich benutze - keineswegs alle - Einträge von Thementiteln in der Routledge Encyclopedia of Philosophy):

Funktionssystemische Konfliktbereiche (z.B. Medizinethik; Wirtschaftsethik; Medienethik, Rechtsethik, Religionsethik) und die damit verwandten technik-induzierten Konfliktbereiche (Sportethik, Reproduktionsethik, Informationsethik); dann die durch ökologische Problemwahrnehmung entstandenen Felder (Umweltethik, Tierethik, Agrikulturethik, Ethik der Lebensstile); weiter die solidaritätsbezogenen Themen (Familienethik, Fürsorgeethik, Feministische Ethik, Gender-Ethik, Entwicklungsethik); schließlich die auf Verfahren der Konfliktaustragung bezogenen Ethiken (Gerechtigkeitsethik, kommunitaristische Ethik). Das Problem einer analytischen Zuordnung dieser Typen wird gleich angegangen werden. Hier soll als Zwischenergebnis plausibel werden, dass die Soziologie die Aufgabe, diese Multiplizität ethischer Reflexions- und Praxisfelder gesellschaftstheoretisch zu begreifen, schwerlich wird dadurch lösen können, dass solche Moralisierungen nur als "Leerlauf" (Luhmann 1997, 248) etikettiert werden.

Die für die weitere Diskussion entscheidende Frage wird sein, ob es einen Weg gibt, die beiden Ausgangspunkte der Moral als interpersonale Achtung und als soziales Wertesystem miteinander zu verbinden, also die Differenztheorie von Luhmann aufzunehmen, ohne die Restriktion von Moral auf Interpersonalität mitzumachen. Ich will versuchen, diese Verbindung durch das Wechselspiel von zwei sozialen Grundmustern von Moral aufzubauen, die relativ unabhängig von der Verbindlichkeit der interpersonalen Moral operieren und diese ergänzen. Ich nenne sie institutionelle Moral und Protestmoral. In ihrem Wechselspiel, so die These, finden die für die moderne Gesellschaft charakteristischen moralischen Kontroversen statt, die zum Auf- und Abbau mehr oder weniger beständiger und verbreiteter Wertmuster beitragen. Diese Muster sind weder miteinander kompatibel, noch allgemein konsensfähig. Aber sie sind nicht zufällig und beliebig unverbindlich. Um begriffliche Verwirrung zu vermeiden, muss der traditionelle Begriff des Wertesystems für ein solche Dynamik heterogener Muster gestrichen werden. Moral dient nicht als Ressource für ein Funktionssystem und kann ihre ubiquitäre Wirkung gerade deswegen entfalten, weil Moralisierung als Rekurs auf eine Bewertung im Code von ‚gut' und ‚schlecht' nicht an Konsistenz gebunden ist.(5) Wenn es gelingt, dieses Wechselspiel zu beschreiben, ist man einer Konzeption der Moral näher gekommen, die die gegenwärtigen Kontroversen und Praktiken der Konfliktaustragung zu beobachten in der Lage ist. Die Konzeption der Achtungsethik geht darin nicht verloren. Im Gegenteil, in den zwischen institutioneller Moral und Protestmoral aufgeworfenen Kontroversen wird immer auch die Frage aufgeworfen, wem oder was gegenüber welche Art von Achtung zu erbringen wäre. Dies geschieht nicht nur unter dem Stichwort der Menschenrechte und der Frage, ob für deren materiale Kanonisierung interkulturelle Geltung begründet werden kann, oder ob sie im Sinne Rortys (1988) nur durch Anerkennung in einer kulturspezifischen Selbstbeschreibung Verbreitung genießen. Auch die Frage, ob interpersonale Achtung auf die Kommunikation mit Gegenständen oder "Quasi-Akteuren" (Latour 1994) ausgedehnt werden sollte, wird durch den protestmoralischen Aufbau neuer Wertmuster aufgeworfen. Ökologisch engagierte Philosophen - etwa Meyer-Abich unter dem Stichwort einer "Erneuerung der Gemeinschaft mit den Dingen" (1997, 150) - fordern die Ausdehnung von Reziprozität auf nicht mehr nur interpersonal, sondern auch intranatural aufgefasste Sozialität.

In der weiteren Darstellung geht es zunächst darum, das Konzept der institutionellen Ethik zu entfalten und ihr Gewicht historisch plausibel zu machen, um dann die Protestethik als dazu komplementär einzuführen. Der historische Weg wird begangen, weil im Entstehen der Funktionssysteme am prägnantesten auch die Entstehung dieses Typus von Moral vorgeführt werden kann. Die Kennzeichnung institutionell wird gewählt, weil hier Ethik definiert wird, die funktionsspezifische Verbindlichkeit besitzt, indem sie in die institutionalisierten Operationsmuster eingebaut und somit verlässlicher Bestandteil verstetigter gesellschaftlicher Modernisierung ist. Ihre Funktion besteht in der Markierung von Code-Verletzungen und in der Abwehr von universellen Ansprüchen, die von den Funktionssystemen nicht geleistet werden können. Durch kontroverse Diskurse kommt es auch zum Aufbau neuer Institutionen, die als moralisch responsiv gegenüber moralischem Protest ausgegeben werden können (Beispiele folgen). Die Kennzeichnung Protestmoral greift auf, dass organisierter und medienwirksamer Protest, der Wirkungen von Modernisierungsprozessen als bedenklich einstuft, die heute verbreitete Formierung von moralischen Ansprüchen ist. Ihre Funktion ist es, moralische Wertvorstellungen aufzubauen (gelegentlich abzubauen) und diesbezügliche Leistungsdefizite der Funktionssysteme herauszustellen. Verpflichtungscharakter gewinnt Protestmoral zunächst nur gruppenspezifisch.

(5) Institutionelle Moral

Ethische Kontroversen werden heute zu einem guten Teil von einer Modernisierungsdynamik induziert, die ständig neue Konfliktherde erzeugt. Wirft man die Frage auf, wie die funktionsspezifischen Operationsweisen der die Modernisierungsdynamik tragenden Systeme und moralische Kommunikation aufeinander zu beziehen sind, wird man zu einer negatorischen Antwort neigen: hier besteht keine Beziehung. Man kann aber auch mit der alternativen Vermutung arbeiten, dass den funktionsinternen Strategien zur Bewältigung von Konflikten in der Regel auch funktionsspezifische ethische Regulative zur Verfügung stehen. Diese Vermutung unterstellt, dass die Funktionssysteme ein jeweils eigenes Repertoire an ethischen Institutionen zur Bewältigung funktionsrelevanter Konflikte, zur Erzeugung funktionsspezifischer Entscheidungen und zur Reflexion ethisch sensitiver Operationsmuster besitzen. Ein Weg, diese Vermutung zu erhärten, ist historisch. An einigen Beispielen soll dargestellt werden, wie sich in Verbindung mit der Herausbildung der die Funktionssysteme formenden Institutionen auch eine Transformation und Internalisierung der ethischen Reflexion in funktionsspezifische ethische Institutionen vollzieht. In einer langen und moralisch stets kontroversen Entwicklung sind diese Institutionen als ethische Regulative für die verschiedenen Funktionssysteme formuliert und durchgesetzt worden.

Der entscheidende Punkt ist, dass diese Kontroversen schon früh in einer Differenzformulierung zu einem ethischen Gesellschaftskonzept der aristotelisch-christlichen Tradition stattfinden. Seit dem mittelalterlichen gesellschaftstheoretischen Ordnungsdenken war der Identitätspunkt der Ethik, dass die Rechtfertigung des guten Lebens des einzelnen und die Rechtfertigung der guten Ordnung des Gemeinwesens koinzidieren. Daher ist in der vormodernen Gesellschaft die Formulierung eines konsistenten und verbindlichen Kanons der material-ethischen Werte, Pflichten und Tugenden eine tragende Säule der Wissensordnung.

Mit Beginn der Neuzeit zerbrach diese Koinzidenz - wenn auch langsam, nämlich über Jahrhunderte. Dennoch wurde die große Relevanz und stets wahrgenommene Ambivalenz dieses Vorgangs früh voll sichtbar. Ich beziehe mich als erstes Beispiel auf Niccolò Machiavellis (1469-1527) Versuch, die Rechtmäßigkeit einer Ethik der politischen Herrschaft zu begründen. Lange ist dieser Versuch nur in der Spannung zwischen politischem Zynismus und "guter" Herrschaft wahrgenommen worden. Aber tatsächlich liegt hier die Keimzelle der Differenz zwischen einer universalistischen und einer funktionalen Ethik. Es ist der Beginn einer politischen Ethik, die ihre Rechtfertigung in der Aufgabenstellung der Politik sucht und dabei keine Fundierung in einer universellen Ethik brauchen kann. Machiavelli wendet sich von der moralischen Tradition des Frühhumanismus und der Spätscholastik ab, die im allgemeinen der römischen Antike gefolgt ist. Im Anschluss an Ciceros De officiis wurde das Grundaxiom der moralischen Identitätsphilosophie formuliert, dass es immer rational ist, moralisch zu sein. Der Gewinn von fortuna (die Belohnung durch das Schicksal für tugendhaftes Handeln) ist zwar nicht erzwingbar noch kalkulierbar, aber bei Abwägung längerfristiger Lebensplanungen sind die Mittel des virtus (der anerkannten Tugenden) den verlockenden Mitteln vorzuziehen, die gelegentliche Gewinne versprechen. Quentin Skinner berichtet in einer kleinen Abhandlung über Machiavelli (1988, 60ff.) von den zahlreichen zeitgenössischen Tugendlehren der Fürstenerziehung. Francesco Patrizi (1529-97), seit 1578 Professor für platonische Philosophie in Ferrara, zählte vierzig moralische Tugenden auf, die sich für den wahren und guten Herrscher ziemen, und daher in seine Erziehung eingehen müssen.(6) Machiavelli hat vor allem in zwei Schriften, im Fürsten und in dem Leben des Castruccio Castracanis aus Lucca, dieser Überfrachtung von Politik durch pompöses Bildungsgut eine kalte Analyse der Herrschaftstechnik entgegen gesetzt und zu einer alternativen Lehre des Aufbaus und der Erhaltung von Herrschaft verdichtet. Er hat aber, und das interessiert hier, nicht einfach die Regeln der Bildungsmoral über den Haufen geworfen, sondern durch eine funktionsspezische Ethik ersetzt. Der übergeordnete Bezugspunkt dieser Ethik ist die Aufrechterhaltung der politischen Ordnung des Gemeinwesens. Dies ist ein absoluter, aber funktionaler Bezugspunkt, dem sich sowohl das moralische Empfinden des Herrschers wie auch seine Gefühle für Rache, Zorn und Zuneigung fügen müssen. "Denn betrachtet man das Ganze, so wird man finden, dass es anscheinende Tugenden gibt, bei deren Ausübung man zugrunde geht, und scheinbare Laster, bei denen Sicherheit und Besitz gewährleistet sind" (Principe, Kap. 15). Errichtung und Erhaltung der Herrschaft können Verstöße gegen "Treue, Milde, Menschlichkeit und Religion" nötig machen. Machiavellis Neuinterpretation von politischer virtus ist die Verknüpfung von Herrschaftssicherung und Handlungsflexiblität. Er sieht auch, dass diese Verknüpfung nicht zu einer politischen Programmatik dienen kann, weil sie keine Akzeptanz generieren kann. Daher ist der Fürst ständig gezwungen, zu heucheln. Er muss die Verwerflichkeit von Mitteln einräumen, deren Einbindung in Handlungsprogramme unausweichlich ist und post festum als notwendige Ausnahmen erscheinen. Seine Herrschaft stabilisiert er nach dem erzielten Erfolg durch die Kontinuität des geheuchelten Scheins. Machiavelli sieht auch die Rückwirkungen dieser Kombination auf die Einsatzmöglichkeiten der Herrschaftsmittel: ein Herrscher, der nur auf Willkür, d.h. letztlich Gewalt und Begünstigung setzt, verliert zu viel Vertrauen. Soweit zum ersten funktionalen Ethikentwurf in der frühen Neuzeit. Die Abtrennung der Sphäre der Politik aus dem Volumen der christlich-scholastischen Moral ist häufig in dem Sinne als "realistisch" bezeichnet worden, dass hierdurch der spezifischen Wertsphäre des Politischen mit den ihr eigenen Bedingungen für ,gute' und ,schlechte' Politik moralische Eigenständigkeit zugesprochen wurde (Berlin 1982). Die reflexionstheoretische Spannung, die dadurch erzeugt wird, dass die Verbindlichkeit einer allgemeinen Moral der Verbindlichkeit einer spezifischen weichen muss, hat die politische Ideengeschichte ständig angeregt. Moralischer Protest gegen eine spezifische Politik wird sich bis heute auf allgemeine Werte berufen, die Verteidigung der Politik dagegen auf das Gebot, die Opportunitäten des Handelns für die Sicherung der politischen Ordnung zu nutzen. Das weitere Schicksal des "Machiavellismus" ist bekannt: Der Bewunderung des ,ethischen Realismus' stand die Ablehnung aus dem Traditionsbestand der Identitätsphilosophie entgegen. In vielen Ländern gehörten Machiavellis Schriften zur klandestinen Literatur (Love 1993), deren Lektüre verboten war, weil die Herrscher befürchteten, die Bevölkerung würde begreifen, wie das Spiel gespielt wird.(7)

In der Wissenschaft beginnen die Auseinandersetzungen über eine funktionsspezifische Anbindung der Ethik an die Wertsphäre des Wissenserwerbs im 17. Jahrhundert in Verbindung mit den bekannten Strafprozessen und inquisitorischen Gefährdungen vieler Wissenschaftler. Die funktionale Autonomie einer Ethik des Erkennens wurde andeutungsweise von Francis Bacon (1561-1624) formuliert. Er erklärte es für moralisch geboten, sich in der Wissenschaft nicht Gedanken über die Absichten Gottes zu machen und hielt die Anerkennung dieses Gebots für eine funktionale Voraussetzung der kooperativen Forschung und der Kombinierbarkeit von Erkenntnissen. Er deklarierte auch, dass es zur Ethik des Erkennens gehört, keine ethischen Grenzen der Erkennens anzuerkennen. Ähnlich wie im Fall Machiavelli kann man nachzeichnen, wie radikal sich diese Funktionsethik von dem Traditionspostulat der inneren Einheit des Guten und Wahren unterscheidet. In Neu-Atlantis führt Bacon vor, wie beides auseinander fällt, um mühsam über institutionelle Mechanismen der Wissensverwaltung von Fall zu Fall angenähert zu werden: Die Wissenschaftler des "Hauses Salomon" verpflichten sich zur Geheimhaltung neuen Wissens und zur Beratung seiner Sozialverträglichkeit (vergl. Krohn 1987). Die Funktionsbindung von Wissen an Können stiftet für Bacon eine neue funktionsspezifische Identitätsformel ("Wissen und Macht können konzidieren"), die freilich mit der klassischen, nach der das Gute und das Wahre essentielle Teile des höchsten Seins sind, inkompatibel ist. Der zentrale Punkt der reflexionstheoretischen Kontroverse ist bis in das 20. Jahrhundert im Streit über den, wie Poincaré es genannt hat, "Wert der Wertfreiheit" lebendig geblieben. Für diesen Wert trifft wiederum zu, dass er nur funktionsspezifisch Geltung beanspruchen kann (und z.B. nicht Verantwortungsentlastung für die Verwendung von Wissen impliziert) und dann mit der allgemeinverbindlichen Moral kollidieren muss, so lange diese koexistent ist.

Im 18. Jahrhundert ist vor allem um die Legitimität wirtschaftlichen Handelns in einem dynamischen, von einzelnen Akteuren nicht mehr steuerbaren Wirtschaftssystem gestritten worden. Paradigmatisch ist hier die Kombination von Ethik und Wirtschaftstheorie im Werk von Adam Smith. Unvermeidlich kommt bei der ökonomisch konditionierten Reflexion auf das moralische Verhalten nun dem Aspekt der moralischen Nützlichkeit des wirtschaftlich nützlichen Verhaltens eine herausragende Bedeutung zu. Gegenüber dem Koinzidenzpostulat der klassischen Ethik zwischen individuellen Pflichten und Tugenden und kollektiven Ordnungen ist die Differenzthese der Beförderung des kollektiven Gutes durch individuellen Nutzen nicht weniger provokativ als die Absage der Wissenschaft oder der Politik an dieses Postulat. Der Technikhistoriker Otto Mayr (1980) hat die zunächst zufällig erscheinende Parallele zwischen der Erfindung des Fliehkraftreglers (durch Watt) und der Entdeckung/Erfindung der Marktgesetze (durch Hume und Smith) untersucht. Die Gemeinsamkeit besteht darin, die Aktionen eines Systems dadurch in Balance zu halten, dass diese Aktionen sich selbst wechselseitig in Zaum halten.(8) Hume hat im Gedankenexperiment die Geldsumme Englands auf ein Fünftel schrumpfen lassen oder um das Fünffache vermehrt, um dann vorzuführen, dass über kurz oder lang sich das alte Gleichgewicht zwischen Geld und Waren wieder herstellt. (Hume 1970, 62ff.) Im Briefwechsel mit seinen Kritikern spitzt er zu: "The growth of everything, both in arts and in nature, at last checks itself" (1970, 198). "The question is, whether these advantages can go on, increasing trade in infinitum, or whether they do not at last come to a ne plus ultra, and check themselves, by begetting disadvantages, which at first retard, and at last finally stop their progress" (1970, 200). Humes Bemerkung, dass diese Selbstkontrolle überall in den Künsten und in der Natur stattfindet, sieht das Gleichgewicht in der Natur mit den Augen der neuen Ökonomie, so wie Smith die neue Ökonomie als den "natürlichen Lauf der Dinge" (vergl. Streminger 1995) sieht.

Man sieht hier, dass die Begründung funktionsspezifischer Moral (noch) naturalistisch und religiös ist und zunächst gerade dadurch ihre Begründungskraft generiert.(9) Aber es geht eben nicht mehr um eine allgemeinverbindliche Kollektivmoral. Die Schieflage, die die Wirtschaftsethik durch die Rechtfertigung von Reichtum und Gewinnstreben angesichts der Lage des Gemeinwohl erzeugt, wird durch einen zweiten Naturalismus, den Rekurs auf die "Natur des Menschen" gerechtfertigt. Bertrand de Mandelvilles berühmte Formel, dass private Untugenden gesellschaftliche Wohltaten erbringen können, wurde von Adam Smith in seiner "Theory of Moral Sentiments" (1759) ausgebaut. Während die klassische Ethik wie selbstverständlich die Grenzen der Legitimität selbstsüchtiger Motive dort zog, wo das Gemeinwohl dies zu verlangen schien, besagt die neue Moral, dass sich das Gemeinwohl zum größten Teil "von selbst" steigert, wenn man individuellen Bedürfnissen freien Lauf lässt. Sieferle kommentiert: "Das Ganze von Natur und Gesellschaft als harmonisches System resultiert vielmehr daraus, dass die einzelnen Elemente spontan agieren und interagieren, ohne ein überindividuelles Ziel anzustreben... Nicht zu Unrecht gilt daher Smith als einer der bedeutendsten Vertreter des Programms einer automatischen Selbststeuerung der Gesellschaft" (Sieferle 1990, 36). Für Smith war diese Selbststeuerung nur möglich im Rahmen eines göttlichen Schöpfungswerkes. Aber die Größe Gottes zeigt sich darin, dass er die selbstische Moral der Menschen über Rückkoppelungen zum Wohle der Gesellschaft arbeiten lässt und sie damit zugleich von der unerfüllbaren Aufgabe befreit, sich für das Wohl der Menschheit einzusetzen: "the natural course of things cannot be entirely controlled by the impotent endeavors of man" (Smith, 1976/1980, TMS 168).

Die drei historischen Einblicke in die kontroversen Felder, auf denen sich die funktionsspezifischen Kodierungen von Moral allmählich durchsetzen, mögen genügen, ließen sich aber ergänzen. Insbesondere wäre noch auf die Ausdifferenzierung des Rechts zu verweisen, bei der ebenfalls prägnant die Veränderung des Institutionensystems und die reflexive Selbstbeschreibung einander stärken. Diese insgesamt wohl seit Max Weber und durch zahlreiche Arbeiten Luhmanns (vor allem 1993) am besten erforschte Entwicklung hat hinsichtlich der traditionalen Identitätsthese das Ethikproblem zu bewältigen, dass sich die Vorstellungen von gesellschaftlicher Sittlichkeit und rechtlicher Sanktion durch positive Rechtsetzung voneinander trennen. Die Identitätsthese war gut verankert in dem Traditionsgrund des Naturrechts, das Sein und Sollen vereinte und das positive Recht als spezifizierende Ableitung verstand. Im Wandel der neuzeitlichen Gesellschaft wurde dieser Grund zum Treibsand, der dem positiven Recht keinen Halt mehr bot. Eine der wirkungsvollsten Analysen David Humes (Buch III des Treatise on Human Nature von 1740) galt dem Nachweis, dass die Idee des Naturrechts auf einem logischen Irrtum beruht. Auch hier ist das beste verbleibende - aber wie in Politik, Wissenschaft und Ökonomie gegen remoralisierenden Protest niemals immune - Argument, dass die durch Rechtsinstitute operationalisierte Rechtssicherheit nicht nur gerechter sei, sondern eine zuverlässigere Verhaltenssteuerung generiert, als eine aus philosophischen Prinzipien gewonnene Regelbasis und Entscheidungspraxis. Die Auffassung allerdings, dass zur moralischen Beurteilung der Qualität positiven Rechts eine nicht-positive Quelle der Rechtsmoral existiert, hat nicht nur Hume selbst vertreten, sondern bleibt bis in die Gegenwart virulent (Finnis 1980).

Die Bedeutung dieser funktionsspezifischen Kodierungen von Ethik hat in demselben Ausmaß zugenommen, wie durch die Dynamisierung des gesellschaftlichen Wandels die Vorstellung einer Verantwortungsübernahme für die Gestaltung der Gesamtgesellschaft schrittweise Züge der Illusion annahm. Die Ethik der Gesellschaft folgt der Differenzierung der Gesellschaft. Universalistische Begründungsversuche gerieten immer stärker auf den Rückzug. Sie behielten dort Gewicht, wo es um die Anerkennung der interpersonalen Achtung ging - sei es in der Version einer auf die Gewährung wechselseitiger Freiheit eingeschränkten Pflichtenethik (,Kantianismus') oder in der Form eines auf Hilfsbereitschaft drängenden allgemein verbreiteten moralischen Gefühls (,Humanismus'). Man sieht aber nur die halbe Seite der Entwicklung, wenn lediglich diese Einschränkung beobachtet wird und die gesellschaftstheoretische Bedeutung der institutionellen Ethisierung der funktionsspezifischen Handlungsfelder unbeachtet bleibt.

(6) Leistungen der institutionellen Ethik

Auf die Frage, warum sich funktionsspezifische Ethiken ausbilden und institutionell in den Rationalitätsmustern der Funktionssysteme festsetzten, muss man zwei Antworten geben.

(a) Die erste wird aus der historischen Darstellung ersichtlich: Es geht um den ethischen Schutz des funktionsspezifischen Handelns vor universellen Normen. In den gegenwärtigen Kontroversen über soziale und ökologische Folgen von Modernisierungsprozessen werden aus funktionssystemischer Sicht einzelne zugegebenermaßen bedenkliche Operationen als berechtigt bezeichnet, weil der Operationstypus zum Systembestand gehört. So müssen im Rechtssystem universalmoralische Ansprüche auf Gerechtigkeit, auf Rechtsschutz für Rechtssubjekte, auf rechtliche Fürsorge für das Gemeinwesen oder auf Rechte für die Natur abgewehrt und auf die innerrechtlichen Operationalisierungen eingegrenzt werden, auch wenn im Einzelfall damit ein Empfinden der Ungerechtigkeit oder Verantwortungslosigkeit kollidiert. Das Rechtssystem muss darauf bestehen können, dass die Konsistenz rechtlichen Operierens ein höheres Gut ist, als Gerechtigkeits- und Verantwortungsvorstellungen, die von den konkreten Umständen eines Einzelfalls oder auch von Gemeinwohlprinzipien hervorgerufen werden (Dworkin 1985). Das Gut besteht darin, dass die in die Institutionen des Rechtssystems eingelassenen Werte - wie Anspruch auf Privatheit, Unversehrtheit, Inanspruchnahme der Instanzen usw. - nur im Rahmen der Konsistenz eines regelbasierten Rechtssystems aufrecht erhalten werden können.

Ähnliche ethische Abwehrleistungen müssen die anderen Funktionssysteme erbringen, auch wenn sie es insofern schwerer haben, als ihren Institutionen nicht immer die scharf umrissene Form rechtlicher Geltung zur Verfügung steht und sie daher stärker auf argumentative Reflexionsformen angewiesen sind. Greifbar ist dies etwa in der sogenannten "business ethics", wenn sie sich als ein Verpflichtungskodex von Managern gegenüber stakeholders beschreibt (vergl. Beauchamp/Bowie 1988; Sorell/ Henry 1994). Ethischer Rechtfertigung bedarf regelmäßig(10) die Institution des freien Marktes gegen Ausbeutung und Entfremdung, Verteilungsungerechtigkeit, die Auflösung sozialer Solidarität und die Erzeugung von falschen Bedürfnissen (Konsumerismus).

Die Entlastung der in der Politik als Funktionssystem institutionalisierten Regeln gegenüber moralischen Erwartungen hat deswegen einen schweren Stand, weil moderne Politik strukturell dadurch definiert ist, dass sie auch andere als die aktuellen Ziele verfolgen könnte, - und sei es durch eine andere Partei. Dem prekären Verweis auf die Pflicht, politische Mehrheiten nicht zu gefährden und politische Minderheiten nicht über bestimmte Akzeptanzschwellen hinweg auszumanövrieren, stehen moralische gestützte Forderungen gegenüber, die politische Macht je nach Sachlage für die Durchsetzung von harten Regulierungen und Normierungen (etwa gegenüber Risikotechnologien), für die Aufhebung von Beschränkungen (etwa in Fragen des Zuzugs und der Staatsbürgerschaft), für die Verschärfung oder Abschaffung von Sanktionen (bei Drogengebrauch oder Sexualdelikten), für oder gegen die Einschränkung von Persönlichkeitsrechten (Lauschangriff, Kontrolle des Internet) auszunutzen. Da Politik in allen Fällen Optionen hat, muss die Abwehrfunktion vor allem gegen Forderungen ohne Stoppregeln greifen. Die Verkörperung politischer Ethik in politischen Institutionen ist in besonderer Weise mit der Verantwortung verknüpft, ein unbestimmtes Maß an politischer Solidarität für ethischen Pluralismus aufrecht zu erhalten. Die gegenwärtige Ausweitung von Anhörungsrechten und partizipativen Verfahren ist ein Beispiel für eine institutionelle Reaktion auf eine gesellschaftliche Lage, in der Wertvorstellungen in praktisch allen Problembereichen über handlungsfähige Organisationen durch Akzeptanzentzug, Protest und Interessenvertretung zur Bedrohung werden können. Der Idee einer institutionellen politischen Ethik ist besonders Isaiah Berlin (1982) verpflichtet (siehe auch Rosenblum 1989).

Die Resistenz der Wissenschaft gegenüber moralischen Ansprüchen findet ihren Ausdruck vor allem darin, auf der Entlastung für die sozialen Folgen wissenschaftlicher Erkenntnis zu insistieren. Galileis "Und sie bewegt sich doch" bleibt das Manifest der Wissenschaftler gegen die Zumutung, Erkenntnisse nach den Erwartungen anderer zu gestalten, erscheinen diese Erwartungen auch moralisch berechtigt. Zwar sind die Beispiele für wissenschaftliche Ideologien - definiert durch die Verwebung von Wertvorstellungen und Wissensbeständen - zahlreich. Aber gerade diese stärken ihre Position in der Regel durch den Verweis auf den rein wissenschaftlichen Charakter ihrer Begründung und Bestätigung. Anders ist die Sachlage dort, wo sich Realitätserkenntnis und technische Konstruktion vermischen. Hier muss eine Trennung zwischen (wertbeladenen) Problemselektionen und (wertfreien) Problembearbeitungen, Erklärungen und Begründungen benutzt werden. Für die Wissenschaft gilt im Unterschied zu den anderen Funktionssystemen, dass sie ihre entsprechenden Institutionen nur reflexiv und diskursiv sichern kann. So ist etwa das klassische moralische Argument Max Webers für die Werturteilsfreiheit und gegen die Vermischung von Wissensansprüchen mit Wertvorstellungen dem innerwissenschaftlichen Gegenangriff ausgesetzt, dass die Vermeidung dieser Vermischung eine wissenschaftsimmanente Ideologie von der Art der bekämpften Ideologie ist. Wahrscheinlich kann das System moralische Zumutungen am besten dadurch abwehren, dass es anbietet, diese wissenschaftlich zu reflektieren. Der unüberschaubare Umfang an einschlägiger Literatur spricht jedenfalls dafür.

Die Abwehrarbeit der funktionsspezifischen Ethiken verfährt, sofern dies möglich ist, unter Verweis auf die institutionalisierten Verfahren der Systeme, die nicht nur für den Systembestand sondern auch für die Leistungen der Funktionssysteme geschützt werden müssen. Wohlgemerkt kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die Angriffe keine ethische Substanz und argumentative Berechtigung hätten. Darauf wird unter dem Stichwort der Protestethik eingegangen werden.

(b) Eine zweite, für die moderne Gesellschaft prägnante Leistung funktionsspezifischer Ethiken besteht darin, die Vermischung von Funktionskodierungen als moralischen Verstoß zu kennzeichnen. Luhmann merkt hierzu an: "Zu den wichtigsten Problemen, die heute moralisch geladene Aufmerksamkeit auf sich ziehen, gehören Praktiken, mit denen die Trennung der Code-Werte ... sabotiert werden. Das gilt für das Unterlaufen der Recht/Unrecht-Unterscheidung durch Korruption, es gilt für entsprechende Phänomene im Bereich der Parteipolitik (Watergate) ... In all diesen Fällen wird das Problem durch die Berichterstattung der Massenmedien in Skandale transformiert und damit moralisch aufgewertet" (1997, I, 404f.). Die Grundlage für dieses Vorgehen ist nicht trivial, wenn sie auch auf ein verbreitetes moralisches Gefühl trifft. Warum, so kann man fragen, kann das ökonomische System seinen Radius nicht erweitern, indem es die Operation "Kauf" auf politische Stimmen anwendet? Warum sollte das politische System seinen Definitionsbereich nicht ausdehnen, indem es Macht zur Entscheidung einer wirtschaftlichen Konkurrenzsituation einsetzt? Warum gilt die finanzielle Beeinflussung wissenschaftlicher Experten trotz der alten Selbstempfehlung "Wes Brot ich eß', des Lied ich sing" als skandalös? Warum gelten die Versuche von Wissenschaftlern, mit Expertise politische Optionen zu erzwingen, als Grenzüberschreitungen, die etwa mit den Stichworten "Technokratie" oder "Szientismus" belegt werden? Sofern solche Überschreitungen, wie etwa in den Fällen der Bestechung und der Falschaussage rechtlich sanktioniert werden können, fällt die Antwort zunächst leicht. Ein Funktionssystem wacht über die legitimierten Grenzen aller anderen. Aber die meisten der genannten Beispiele sind nicht eindeutig rechtlich sanktioniert. Und selbst wenn, hätte man sofort mit einem re-entry etwa der Art zu rechnen: Was kostet es, diese Rechtsnormen zu verändern? Die Antwort, die auf der Basis der bisherigen Diskussion möglich ist, kann nur auf die Sicherungsleistungen funktionsspezifischer Ethiken setzen: Es ist die Konkurrenz der funktionsspezifischen Ethiken selbst, die diese Grenzen stabilisiert. Die Stabilisierung geschieht immer durch die Suche nach und Spezifikation von Institutionen, die in die Rationalitäten der Funktionssysteme eingebaut werden können und nach erfolgtem Einbau ihre moralische Qualität invisibilisieren. Aber vor jeder dieser Stabilisierungen steht der moralische Konflikt.

Der erstaunliche Tatbestand, dass unsere Gesellschaft über weite Themenbereiche ohne explizite Thematisierung von Moral funktioniert und die Einmischung von Moral als "sachfremd" empfunden wird, ist erklärbar dadurch, dass in allen Funktionssystemen ethische Routinen und Orientierungen institutionell festgeschrieben sind, die für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft insgesamt sozusagen im Dauereinsatz sind. Häufig, aber keineswegs immer, sind sie als professionelle Normen nach dem Urmodell des hypokratischen Eides oder auch als Wertekodices ( "codes of conduct") in sogenannten Firmenkulturen greifbar (Lenk/Maring 1992 mit vielen Beispielen). Diese ethischen Routinen ziehen einerseits Stoppregeln gegen Moralisierungen ein; sie dienen andererseits der wechselseitigen Regulierung von Konkurrenz- und Definitionsansprüchen der Funktionssysteme durch Rückgriff auf den Code der Moral. In beiden Fällen benötigen die institutionellen Routinen allerdings schnell aktualisierbare ethiksensitive Selbstbeschreibungen, um neuen Konfliktkonstellationen gegenüber anwendbar zu sein. Sie werden in den erwähnten Reflexionsformen der Bindestrichethiken (Wirtschaftsethik, Rechtsethik, Wissenschaftsethik, usw.) aufgebaut und vorgehalten.

(7) Protestmoral

An dieser Stelle könnte mit der gesellschaftstheoretischen Analyse der Ethik Schluss sein. Die soziale Grundsicherung der wechselseitigen Anerkennung über eine Ethik des interpersonalen Anstands einerseits und die wechselseitige Leistungsbegrenzung funktionsspezifischer Ethiken andererseits erschöpft den ethischen Raum einer modernen funktionsdifferenzierten Gesellschaft. Allerdings ist in diesem Raum noch kein Ort für die verbreiteten Phänomene ethisch artikulierter sozialer Proteste gefunden. Man könnte argumentieren, dass sie nur als vormoderne Reminiszenzen fortbestehen und nur als solche in das Bild passen. Denn, so könnte das Argument lauten, die Funktionssysteme erlauben es, alle ethischen Einstellungen einer Gesellschaft über ihre basalen Mechanismen (Kaufentscheidungen, Wählerstimmen, Klageerhebung und Wissenschaftskritik) institutionell umzusetzen und damit funktionsspezifisch wirksam werden zu lassen. Das Argument wird sich zwar als leistungsfähig erweisen, aber nur unter der Berücksichtigung des Konfliktfeldes, das sich zwischen funktionalem und substantiellem moralischem Handeln - zwischen Funktionsethik und Protestethik - immer wieder in öffentlichen Kontroversen aufbaut. Als substantielle Moral soll hier jede Position verstanden werden, die auf eine unbedingte Wertvorstellung zurückgreift und sich genau hierin von allen in Funktionssystemen institutionalisierten Wertmustern unterscheidet. Substantielle Moral muss nicht in einem absoluten Sinne bedingungslos kategorisch im kantischen Sinne sein. Für die Aufschaukelung moralischer Konflikte genügt es schon, die Bedingungen anzugreifen, die die Funktionssysteme setzen und für ihre eigene Bestandswahrung verteidigen. Die Bedingungen etwa, die das Wissenschaftssystem für Tierversuche oder das Wirtschaftssystem für Tiertransporte setzt, werden als unmoralisch angegriffen. Diese Moralisierung greift auf den nicht durch Erkenntnis oder Profit bedingten - und insoweit substantiellen - Schutz des Tieres vor Leid zurück. Protestmoral wird gegen institutionalisierte Handlungsmuster mobilisiert, sofern diese zu Fehlleistungen führen, und wird dann aber gezwungen, ihre eigene Position argumentativ zu sichern. Erst hierdurch kann dann die Diskursarena aufgebaut werden, in der am genannten Beispiel der Tierversuche eine wissenschaftsfunktionale Ethik versus die eines substantiellen Pathozentrismus auftritt. Andere Beispiele bieten moralisierte Proteste gegen Arbeitsentlassungen (wirtschaftsfunktionale Ethik der Zukunftsorientierung versus Menschenrecht auf Arbeit), Forderungen nach ökologischen Veränderungen von Produktions-, Transport- und Entsorgungseinrichtungen aus ,Verantwortung' gegenüber der Natur, Proteste gegen weltweite Kinderarbeit oder gegen die Asylpolitik. Immer steht eine Ethik der Erwägung zweckmäßiger Zulassungen, Beschränkungen oder Begrenzungen einer unbedingten moralischen Forderung gegenüber. In vielen Fällen sind die moralischen Werte, um die es geht, erst durch die Entwicklung der Funktionssysteme erfunden worden. Die Moralisierung von Müll und Abfall durch die Erfindung der Sorge um die Entsorgung ist dafür ein Beispiel. Insofern folgt die moralische Substanz, die in neuen Wertvorstellungen greifbar ist, den Modernisierungsdynamiken der Funktionssysteme und ist diesen nicht vorgelagert. Dennoch setzt die Moralisierung eines neuen Problemfeldes auf ein moralisches Gefühl (,moral sentiment'), über das eine Solidargruppe geeint und zu verbindlichem Handeln gebracht werden kann. Über dieses Aktivierungspotential hinaus besitzen moralische Gefühle die Eigenschaft, soziale Ressource für eine schrittweise Verbreitung und Anerkennung der Protestziele zu sein, da sie an das Vorstellungsvermögen und die Empfindsamkeit aller appellieren und über die Dramatisierung durch Ereignisse und mediale Darstellungen viele erreichen. Genau das ist mit den Abwehrinstitutionen der Funktionssysteme nicht möglich. Es ist auch offensichtlich, dass eine institutionelle Argumentation gegen eine gefühlsmäßig plausible Evidenz (Tierversuch, Kinderarbeit, Asyl) in öffentlichen Kontroversen häufig die schlechteren Karten hat. Ihr wird im diskursiven Konflikt daher leicht aufgezwungen, den Protestgrund prinzipiell anzuerkennen, missbräuchliche Praktiken zuzugeben und Verbesserungsmöglichkeiten einzuräumen, um damit halbwegs Möglichkeiten einer institutionellen Adaptation in Aussicht zu stellen. Die Transformation von Protestmoral in ein neues institutionalisiertes Wertmuster ist damit eingeleitet. Dies mag den Protest abschwächen oder weiter aufschaukeln.

Die klassische ethische Kategorie der moralischen Empfindung, die vor allem in der englischen Tradition gepflegt wurde, hatte als Bezugspunkt die Betroffenheit eines Menschen, der sich in die leidvolle Situation eines anderen imaginieren kann (wobei diese imaginierte Symmetrie unterschiedlichen Begrenzungen etwa zur eigenen Schicht, zu allen Engländern, Haustieren, Christen usw. erlaubt). Die Moralisierung moderner Problemlagen knüpft jedoch häufig an Risiken an, die nur indirekt mit persönlichem Erleben verknüpft sind. Dies hat zweierlei Konsequenzen. Erstens setzt Protestmoral auf die medialen Verstärkungsmöglichkeiten von Vorstellungen und Erlebnissen und steigert damit die Differenz zwischen Risikoabschätungen und Risikowahrnehmungen über die Amplifikation und Dramatisierung moralischer Gefühle in einem breiten Publikum. Zweitens werden für die Zurechnung von (Un-)Moral immer Personen gesucht, auch wenn es um die Entscheidungsprogramme korporierter Akteure, um institutionalisierte Operationen oder gar um die Rationalität eines Funktionssystems geht. Kommt es zur diskursiven Konfliktaustragung, muss die persönliche Zurechnung von Moralverstössen weitgehend zurück genommen und auf die Defizienz institutionalisierter Ethik fokussiert werden.

Protestethik ist nicht nur auf medienwirksame Regelverstösse, sondern auch auf Gruppensolidartät angewiesen. Ihre strukturelle Schwäche gegenüber den Funktionssystemen besteht darin, dass sie gegenüber der institutionellen Rationalität argumentativ auf wackligen Füssen steht und es ihr daher häufig am besten egal ist, wie moralische Zumutungen (etwa ohne Tierversuche in Wissenschaft und Industrie auszukommen) ohne Funktionsstörungen umgesetzt werden können. Sie benötigt aber neben einem interessierten Publikum, das in einer Diskursarena ihre wichtigste Ressource ist, Handlungsorganisation. Diese beruht auf Gruppensolidarität, die wiederum zentriert ist um "substantielle" Werte, zu denen man gegenüber der Natur, dem Leben, dem Leiden, der Armut usw. verpflichtet ist. Die Werte sind eingebettet in ethische Überzeugungssysteme und exemplifiziert in erster Linie an Fehlfunktionen und Fehlleistungen. Soziologisch lässt sich natürlich auch festhalten, dass Solidargruppen für die eigene Bestandswahrung immer auch auf der Suche nach neuen Wertvarianten und Exemplifaktionen sind. Auch deswegen sind sie auf die Opportunitäten, die ihnen die Funktionssysteme liefern angewiesen. Sowohl wegen der Inszenierungen in den Medien als auch wegen der Investitionen in Solidarität wäre eine vorgängige Pragmatisierung des Protests wenig förderlich. Sie würde die Irritationen der Funktionssysteme und damit auch deren Adaptationsfähigkeit schwächen.(11)

 Eine interessante Beobachtung ist nun, dass die Wirksamkeit des entfalteten Protestes häufig genau auf denselben Regelverletzungen beruht, die hinsichtlich der Funktionsmoral als unethisch gekennzeichnet wurden. Im Rahmen von Protesten gelten Regelverletzungen - allerdings in jeweils umstrittenen und in den Medien diskutierten Grenzen - als berechtigt, weil die substantiellen Ziele des Protestes eine höhere Wertigkeit gegenüber den Werten der Funktionsethiken reklamieren. Die politische Organisierung eines Verbraucherboykotts, die Blockade von Verkehrswegen, die Verwüstung von Versuchsfeldern der Gentechnologen, Solidarstreiks, Verletzung des Datenschutzes u.a.m. werden akzeptiert, wenn in der Sache der Protest berechtigt erscheint. Die Einwände gegen solche (häufig auch im rechtlichen Sinne) illegitimen Übergriffe ließen sich ganz ähnlich formulieren und werden seitens der betroffenen Verbandsvertreter auch erhoben: Verzerrungen der Märkte, wenn ein durch Medien amplifizierter Protest die Kaufentscheidungen der Verbraucher manipuliert; Eingriff in die Kompetenz der Parteien, wenn der politische Wille in den Medien artikuliert und auf dem Asphalt umgesetzt wird; Manipulation der Justiz, wenn Kirchenasyl den Rechtsvollzug außer Kraft setzt.

Hieraus ergibt sich die verallgemeinerte These, dass Funktionsmoral und Protestmoral komplementär und antagonistisch zusammen gehören. Die Institutionalisierung von Moral in den Funktionssystemen und die Sicherung der Codes gegen unethische Übergriffe einerseits und die Mobilisierung moralischer Gefühle gegenüber neuen Problemlagen mit Verletzung institutioneller Grenzen andererseits ergänzen einander zu einer Dynamik, in der die institutionelle Gewährleistung anerkannter Werte funktional gesichert bleibt und die soziale Durchsetzung neuer (gelegentlich die Abschaffung obsoleter) Werte Entfaltungschancen besitzt. Protestmoral ist nicht nur abhängig davon, dass die Funktionssysteme die Protestanlässe bereit stellen, sie ist auch selten in der Lage, konstruktive Alternativen zu entwerfen. In der Marginalität der alternativen Szene bestehen natürlich solche Alternativen - wie etwa Landkommunen. Wenn aber, wie im ökologischen Landbau, der marginale Raum sukzessiv erweitert wird, muss der Einbau in das Wirtschaftssystem erfolgen: durch den Aufbau von Märkten, einer Verbandstruktur und eines Zertifikationswesens. Solche Entwicklungen sind selten. Typischerweise entspannt sich ein Konfliktfeld, auf dem der ethische Protest sich nur dadurch halten kann, dass er Gegenexperten ausbildet, die auf der Ebene institutioneller Rationalität über Bedingungen und Folgen (also ökonomisch, wissenschaftlich, juristisch, politisch) argumentieren. Eben deshalb werden die Experten der Funktionssysteme ihre Interessen nur wahren können, indem sie die Anpassungsfähigkeit der Institutionen an gewisse Forderungen in Aussicht stellen. Die seit einigen Jahren verfolgte Greenpeace-Strategie repräsentiert die Kombination von Protestmoral und Verhandlungen über spezifische Anpassungen der Funktionsmoral paradigmatisch: Schornsteinbesetzungen, Ankettungen und waghalsige Blockaden sind die medienwirksamen Gesinnungszeichen; die gemeinsame Produktentwicklung mit Firmen transformiert partiell die Ziele in die Funktionssysteme. Im Ergebnis ist Protestmoral soziologisch über vier Merkmale zu kennzeichnen: über die Vertretung von substantiellen Werten, die Moralisierungen erlauben, über Solidargruppen, die Handlungsorganisation ermöglichen, über ein durch Medien interessiertes und aktiviertes Publikum und über eine für diskursive Konfliktaustragung notwendige Expertise.

Die Theorie, die sich dem komplementären Wechselspiel zwischen Funktionsethik und Protestethik gewidmet hat, ist die Kulturtheorie in der Version von Mary Douglas und ihrer Schule (Douglas/Wildavsky 1982; Thompson/Ellis/Wildavsky 1990; Schwarz/Thompson 1990; vgl. auch Krohn/Krücken 1993). Moral ist hier eingebettet in die Risikobewertungen und Verhaltensnormen, die sich aus den institutionellen Konditionierungen unterschiedlicher Lebenspraktiken ergeben. Dennoch lassen sich die in der grid/group Klassifikation als organisiert-hierarchisch und als individualistisch-marktorientiert bezeichneten Wertordnungen der institutionellen Ethik der Funktionssysteme zurechnen, die Wertordnung der Solidargruppen der Protestethik (Japp/Krohn 1996). Das wichtigste Ergebnis aus den Analysen dieser Schule ist, dass die Beziehungen zwischen beiden Ethiken nicht reduktionistisch geordnet werden können. Besonders Schwarz/Thompson (1990) haben ein Modell herausgearbeitet, das die Dynamik zwischen Regelverstoß durch Protest und Absorption von Protest durch Institutionalisierung von moralischen Wertvorstellungen nachzeichnet. Im Sinne eines solchen "divided we stand" (Schwarz/Thompson 1990) kann man versuchen, das überlegene Lernpotential einer Gesellschaft, die sich sowohl die klare funktionale Regulierung ihrer Entwicklung als auch den scharfen Protest gegen beliebig viele Aspekte dieser Entwicklung leistet, darzustellen und mit der ökologischen Begrifflichkeit der "resilience" und "viability" in Verbindung zu bringen (Japp/Krohn 1996). Die einschlägigen empirischen Beobachtungen, die es an dieser Stelle zu systematisieren gäbe, beträfen einerseits die Absorption von Protest durch die Erweiterung funktionsspezifischer institutioneller Repertoires. Andererseits gehört es auch zur Dynamik dieses Wechselspiels, dass institutionalisierte Formen der moralischen Behandlung eines Konfliktstoffs ein höheres Anspruchsniveau des Protestes eröffnen. In diesem Sinn kann man auch von der Absorption von Funktionsleistungen durch die Steigerung des organisierten Protests sprechen. Typische Muster der Transformation von Protest in institutionelle Konditionierungen sind branchenspezifische Zertifikationen von ethisch akzeptablen Produktionsbedingunen (gegen Kinderarbeit in der 3. Welt; nachhaltige Holzwirtschaft bei Tropenholz; faire Entlohnung ökologischer Anbaumethoden in der 3. Welt; angemessen Tierhaltung, usw.); Verschiebungen von Beweislasten (z.B. Nachweis der Notwendigkeit von Tierversuchen) und andere rechtliche Regulierungen (Standards, Grenzwerte, Haftungen); öffentlich angezeigte Selbstverpflichtungen von Organisationen (etwa Zugangsbeschränkungen für Pornographie im Internet durch Provider); Übernahme von Sponsorverträgen gegenüber Modellversuchen; Veränderung von richterlichen Rechtsentscheiden durch Anerkennung des gesellschaftlichen Wertewandels. Obwohl all diese Beispiele nicht belegen, dass sich eine neue Konvergenz ethischer Ziele im Sinne eines aristotelischen Programms für eine "gute Gesellschaft" abzeichnen, so zeigen sie doch an, dass dem ethischen Protest, auch wenn ihm notorisch Verbindlichkeit fehlt, immer Chancen offen stehen, funktionsspezifische Transformationen in Institutionen zu erreichen. Inhalt, Umfang und Verbindlichkeit dieser Institutionalisierung von Moral wird aus der Perspektive der Protestpositionen zwangsläufig als defizitär mit Blick auf das sinkende Protestpotential vielleicht als Phyrussieg wahrgenommen. Ebenso werden auf der Ebene der funktionsspezifischen Selbstbeschreibungen die neuen institutionellen Zumutungen zunächst immer als unnötige Konzessionen an modischen Protest abgewiesen. Aber auf einer Metaebene der Beobachtung tragen beide zu einem Modus des gesellschaftlichen Lernens bei, der die moralische Sensibilität des Protests mit der institutionellen Gewährleistung von Wertmustern verbindet.

Mehrfach ist die Kategorie des Diskurses benutzt worden, ohne ihr explizit Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diskurse (Runde Tische, Zukunftswerkstätten, Mediationsverfahen, Planungszellen)(12) sind seit einiger Zeit die Orte, in denen die Konfrontation von Protestmoral und institutioneller Moral institutionell gezähmt wird. Der Diskurs erfährt dabei eine Legitimation, die als einen dritten Wert gegenüber Substanz und Funktion die Moral des Verfahrens ins Spiel bringt. Der Zentralwert ist der der "Fairness", der eine eigentümliche Zwitterstellung einnimmt: Fairness operiert damit, dass prinzipiell die Berechtigung divergierender Interessen und heterogener Werte anerkannt werden muss (Differenztheorie), aber substantiell die universelle Anerkennung von Verfahrensregeln des Diskurses begründet werden kann (Identitätstheorie). Bekanntlich ist versucht worden, dieser Zwitterstellung den Aufbau einer Metaebene der Kommuniktion entgegen zu setzen (Habermas 1991 und Apel/ Kettner 1992). Dazu soll hier nicht Stellung genommen werden. Der Versuch erscheint allerdings berechtigt, Verfahrensmoral als eine weitere Funktion der Moralkommunikation anzuerkennen, die das dargestellte Modell des ,viablen' Konflikts zwischen Protestmoral und institutioneller Moral ergänzt. Verhandlungen über die Fairnessbedingungen eines Verfahrens durch konfligierende Parteien und die Bereitschaft, sich auf faire Verfahren der diskursiven Konfliktaustragung einzulassen, bringen in einem spezifischen Sinn wieder die Achtungskommunikation, allerdings auf der Ebene organisierter Akteure, wieder ins Spiel. Fairness der Verfahren beruht auf einer substantiellen Anerkenntnis der anderen Konfliktparteien, unabhängig von den Wertvorstellungen, die sie vertreten. Verhandlungen über Fairnessbedingungen können nur dann fair geführt werden, wenn eine entsprechende Kommunikationssymmetrie unterstellt wird, die dann durch Vertrauensinvestitionen prozediert werden kann. Für diese Unterstellung ist nur eine sehr schwache Axiomatik nötig, die auf der Kommunizierbarkeit von Differenz aufbaut. Nach welchen Kalkülen Protestorganisationen und Funktionsorganisationen bereit sind, sich auf die Risiken einer diskursiven Koordinierung von Differenz einzulassen und gar pragmatische Konsense bei der Aushandlung neuer ethischer Institutionen anzustreben, ist sicherlich nicht allgemein erfassbar. Da die Verfahrensethik ohne die Substanz der moralischen Werte, die durch Protest aktualisiert wird, und ohne die normativen Positionen, die durch Insistieren auf die Restriktionen der Funktionssysteme eingenommen werden, nichts zu verhandeln hätte, hängt ihre Existenzberechtigung daran, dass die Komplementarität von Protestmoral und Funktionsmoral fortbesteht. Da sie ihrerseits immer eine Prozeduralisierung der Konflikte anbietet, die die Institutionalisierung neuer Werte und eine Pragmatisierung des Protestes in Aussicht stellt, wird ihrem Zentralwert der Fairness zu Recht eine eigene Domäne der ethischen Kommunikation eingeräumt.

Die Trias dieser nicht aufeinander reduzierbaren aber voneinander abhängigen Funktionen der Moralkommunikation macht die ethische Dynamik moderner funktionsdifferenzierter Gesellschaften aus. Den Protestbewegungen steht ein Dauerprivileg auf moralische Thematisierungen und die Formulierung neuer Werte zu, die sie im Kontext von Innovationsprozessen entdecken. Sie bedienen sich substantialistischer Begründungen, medialer Dramatisierungen, öffentlicher Inszenierungen und gezielter Regelverletzungen. Zu ihrem argumentativen Repertoire gehört der Angriff auf die moralische Distanz der Funktionssysteme und auf die Indifferenz der Verfahrensethik in substantiellen Angelegenheiten. Die Funktionsethik verweist auf das Leistungsniveau der funktionsimmanent regulierten Moral, das durch Rücksichtnahme auf substantielle Sonderwünsche nur absinken kann. Die Abwehr zusätzlicher Ansprüche bedient sich des Arguments, dass mehr Ethik (der guten Absicht) weniger Ethik (der effektiven Leistung) hervorbringt. Die Verfahrensethik geht von der prinzipiellen Unentscheidbarkeit zwischen funktionalen und substantiellen Positionen aus, aber sieht einen unabhängigen Wert darin, die Differenz selbst zu prozeduralisieren.

Ziel dieses Beitrags ist es, gezeigt zu haben, dass der beobachtbaren Zunahme an moralischer Kommunikation und Reflexion soziologisch mit Unterscheidungen gefolgt werden kann, die keine Eingrenzung der Domäne der Moral auf die Sphäre der interpersonalen Achtung und Missachtung nahe legen. Diese Unterscheidungen erweitern die Beobachtungsmöglichkeiten der Soziologie für moralische Kontroversen, die sich über soziale Tatbestände, Institutionen, und Operationen entspannen. Persönliche moralische Zurechnung wird dabei häufig eine Rolle spielen, aber sie ist eher als dramatischer Effekt zu betrachten, an dem nicht der Konflikt selbst hängt. Der Ausgangspunkt war, dass die Soziologie in der Beschreibung von ethisch basierten Kontroversen Schwierigkeiten der Kategorisierung hat und sich zu problematischen Werturteilen verleiten lässt. Mit einem Instrumentarium, das sowohl die Institutionalisierung von Moral in Funktionssysteme als auch unpersönlich gehandhabte moralische Werte erfasst, ist es ihr möglich, die heterogene Spannung der Kontroversen und ihre Relevanz in evolutionären Modernisierungsprozessen darzustellen.


Prof. Dr. Wolfgang Krohn
Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT)
Fakultät für Soziologie, Universität Bielefeld
Postfach 100 131
D-33501 Bielefeld
wolfgang.krohn@uni-bielefeld.de

 

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